Balanced Scorecard: Die Vision und Strategie des Start-ups

Definition

Die Balanced Scorecard (übersetzt: „Ausgewogener Berichtsbogen“) zielt auf die parallele Berücksichtigung der unterschiedlichen Erfolgsfaktoren zur Steuerung der Unternehmensstrategie und ihrer operativen Umsetzung ab. Dabei geht der Fokus eindeutig über finanzielle Zielgrößen hinaus. Es wird versucht, auch qualitative Aspekte zu messen.

Geschichte

KAPLAN und NORTON haben mit ihrer Publikation „The Balanced Scorecard – Translating Strategy into Action“ die Erfordernis der Strategieumsetzung auf der operativen Ebene in den Mittelpunkt der Diskussion gestellt. Auch wenn es sich bei diesem Werk, und den zugrundeliegenden Gedanken, um natürliche Erfordernisse bei der Umsetzung der Unternehmensstrategie auf der operativen Ebene handelt, ist beiden Autoren ein durchschlagender Erfolg gelungen. Die Autoren zeigen auf, wie ein Unternehmen durch eine ganzheitliche Betrachtung aller Prozesse langfristig erfolgreich operiert.

Das Konzept der Balanced Scorecard

Die Balanced Scorecard fungiert als Verbindungsglied zwischen der Strategie eines Unternehmens und deren operativer Umsetzung. Im Berichtswesen sollen neben den finanziellen Größen und blanken Zahlen auch strategische Aspekte berücksichtigt werden und so objektiv messbar gemacht werden. Ausgehend von der Strategie des Unternehmens werden die dezentralen Teilstrategien für die einzelnen Einheiten formuliert. Dabei erfolgt die Umsetzung in Form der Segmentierung der übergeordneten Unternehmensstrategie in Teilziele. Ausgehend von einem Ursache-Wirkung-Zusammenhang, in dem Teilziele und Strategie stehen müssen, folgt durch dezentrale Segmentierung die Sichtbarmachung der Vorsteuergrößen der Unternehmensstrategie auf der dezentralen Ebene. Diese Umsetzung wird gesteuert über ein Kennzahlenbündel mit einem Gleichgewicht aus

– externen und internen Kennzahlen,
– Kennzahlen der Vergangenheit und der Zukunft,
– „harten“ und „weichen“ Kennzahlen.

Aus dem Zusammenspiel dieser einzelnen Aspekte ergibt sich ein Regelkreis miteinander vernetzter Faktoren.

Die verschiedenen Perspektiven

Ausgehend von der eher global formulierten Unternehmensstrategie ist es nach KAPLAN und NORTON erforderlich, die strategische Umsetzung aus vier unterschiedlichen Perspektiven zu betrachten.

1. Finanzielle Perspektive:

Wie sehen uns die Kapitalgeber?

Hier sollten traditionelle monetäre Kennzahlen verwendet werden, um den wirtschaftlichen Erfolg der vergangenen Perioden zu dokumentieren. Im Mittelpunkt stehen die Aspekte der Rentabilität sowie der Liquidität. Indirekt sind diese Informationen ein Hinweis, ob die Unternehmensstrategie und die daraus abgeleiteten Maßnahmen erfolgreich waren oder nicht.

2. Kundenperspektive:

Wie sehen uns unsere Kunden? Mit welchen Faktoren steigern wir den Kundennutzen?

An dieser Stelle sollen Kunden- und Marktsegmente identifiziert werden, die für das Unternehmen wichtig sind. Entsprechend dieser Analyse können darauf aufbauend Kennzahlen für die Zufriedenheit der Kunden sowie für Gewinn- und Marktanteile festgelegt werden. Dadurch soll sichergestellt werden, dass das Unternehmen die Möglichkeit hat, sich besser am Markt zu orientieren.

3. Interne Geschäftsprozessperspektive:

Wie müssen wir unsere Geschäftsprozesse gestalten, um Kunden und Kapitalgeber zu überzeugen?

Zielsetzung in diesem Bereich muss es sein, kritische Prozesse anhand zweier Einflussfaktoren zu identifizieren: Kundenbedürfnisse und Erwartungen der Anteilseigner. Ausgehend von dieser Analyse müssen auf die Prozesse individuelle Verbesserungsschwerpunkte gelegt werden. Dies beinhaltet nicht nur die existierenden Prozesse, vielmehr fördert die Balanced Scorecard auch die Entwicklung neuer Prozesse. Die Balanced Scorecard erweitert außerdem den Begriff der Wertkette in der Hinsicht, dass auch der Innovationsprozess völlig neuer Produkte und Dienstleistungen integriert wird. Somit soll sichergestellt werden, dass auch ein langfristiger Aspekt der Wertschöpfung berücksichtigt wird.

4. Lern- und Entwicklungsperspektive:

Wie erreichen wir die Zufriedenheit der Mitarbeiter? Wie können wir zusätzliche Werte schaffen?

Hier geht es um die Identifikation und um die Schaffung einer Infrastruktur im Unternehmen, die ein kontinuierliches Wachstum und Lernen ermöglicht. Diese Entwicklung betrifft drei Bereiche im Unternehmen: Menschen, Systeme und Unternehmenskultur. Es muss darauf geachtet werden, dass das Wachstum und Lernen dieser drei Elemente aufeinander abgestimmt ist.

 

Beispiel einer Balanced Scorecard

1. Finanzielle Perspektive

  • Internes Wachstum stärken
  • Nettoumsätze: Wachstum 2% über Marktwachstum (Vertriebsgebiet erweitern, Marketingkonzept überarbeiten)
  • Unabhängigkeit bewahren
  • Cashflow: Steigerung um 3.000 TEUR p. a.
  • Eigenkapital: Verbesserung der EK-Quote um 5% (Vorrats- und Forderungsbestand senken, Mitarbeiterbeteiligung prüfen)
  • Kostenbewusstsein intensivieren
  • Gesamtkosten: Senkung um 3% p. a. (Outsourcing von Dienstleistungen, Überprüfung der Fertigung)

2. Kundenperspektive

  • Termintreue steigern
  • Zusagegenauigkeit der Lieferung: Abweichung < 5% vom zugesagten Termin (Zeitplanung/Netzpläne überarbeiten zur Pufferbildung)
  • Kundenbindung erhöhen
  • Kundenbarometer: TOP-Lieferant bei Kundenbefragung (Anwendungstechnik ausbauen, externe Qualitätsaudits einführen)
  • Neukunden gewinnen: Anzahl Neukunden pro Jahr: Anzahl um 5% p. a. steigern (Kunden-/Marktanalyse verbessern, Marketing-Mix optimieren

3. Prozessbezogene Perspektive

  • Fertigungsprozesse optimieren
  • Rüstzeiten: Verkürzung um 2% p. a. (PPS-System modifizieren)
  • Ausschussquote: Senkung um 3% p. a. (Personalqualifikation, Ersatzinvestition nötig?)
  • Kundenservice verbessern
  • Kundenbesuchsfrequenz: Besuchshäufigkeit um 30% steigern (Verkaufsgebietseinteilung neu überdenken)
  • Beschwerdebearbeitung: Bearbeitungsdauer halbieren (Standardisierung der Bearbeitung häufiger Beschwerden)
  • Logistik vereinfachen
  • Fuhrparkkosten: Senkung um 5% p. a. (Kostenanalyse vorbereiten, Tourenpläne überarbeiten)
  • Lageroptimierung: Kommissionierungsvorgang um 10% verkürzen (Lagerplatzanordnung prüfen, Just-in-time-Lieferung?)

4. Lern- und Innovationsperspektive

  • Innovationstätigkeit fördern
  • Zahl der Neuprodukteinführungen: Umsatz der Neuprodukte > 5% vom Gesamtumsatz (Laborausstattung erneuern, Zusammenarbeit mit externen Forschungseinrichtungen)
  • Wettbewerbsumfeld besser kennen lernen
  • Eigene Position im Wettbewerb: Benchmarkinganalyse (Wettbewerbsdatenbank aufbauen für Produkte, Märkte, Strategien)
  • Mitarbeiterzufriedenheit und -qualität erhöhen
  • Mitarbeiterbefragung: „Schlechtbeurteilungen“ um 5% p. a. reduzieren (Mitarbeitergespräche, Gewinnbeteiligung)

Nutzen

Die Balanced Scorecard ist das erste in sich geschlossene Konzept zur dezentralen Steuerung der Unternehmensstrategie. Es stellt sicher, dass die Unternehmensstrategie auf die dezentralen Einheiten herunter gebrochen wird, eine durchgängige Kommunikation der Unternehmensstrategie als Basis der Umsetzung auf die dezentralen Einheiten garantiert wird, die einzelnen Einheiten in die Umsetzung der Strategie einbezogen werden und die Basis eines umfassenden und funktionsfähigen Informationssystems zur Messung des Umsetzungsfortschritts der Unternehmensstrategie auf der dezentralen Einheit ist. Darüber hinaus ist zweifellos ein wesentlicher Vorteil der Balanced Scorecard, dass ihre Einführung über die Berücksichtigung allein finanzieller Aspekte bei der Unternehmenssteuerung hinausgeht. Sie stellt einen Zwang dar, auch qualitative Aspekte zu messen und die Rentabilität für die so genannten „schwachen Signale“ als Erfolgsvoraussetzungen zur Umsetzung der Unternehmensstrategie sicherzustellen.

Fazit

Die Balanced Scorecard ist ein Kennzahlensystem aus finanziellen und nichtfinanziellen Größen, die die verschiedenen Dimensionen (Kunden, Finanzen, interne Prozesse, Innovation) eines Unternehmens gleichberechtigt nebeneinander darstellen soll. Durch die Balanced Scorecard sollen alle Mitarbeiter und Manager motiviert und in die Lage versetzt werden, die Unternehmensstrategie erfolgreich umzusetzen.

 

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