Warum reparieren wir eigentlich nicht?

Du bist auf dem Fahrrad, Dein Smartphone in der Hosentasche. Du bist spät dran, denn die Vorlesung beginnt schon in fünf Minuten. Aber bis zum Campus liegen noch drei Kilometer vor Dir. Das willst Du unbedingt schaffen. Du trittst kräftiger in die Pedale, den nächsten Bordstein nimmst Du mit Extraschwung. Dein Gepäckträger scheppert metallisch als Dein Hinterrad die Kante berührt. Doch plötzlich durchdringt ein klirrendes Krachen den Straßenlärm. Vollbremsung. Du fasst Dir an die Hosentasche und ahnst nichts Gutes. Ein langsamer Blick über die Schulter bestätigt Dir Deine Befürchtung: Dein Smartphone ist Dir aus der Tasche gefallen. F#*K! Du hebst es vorsichtig vom Boden auf und befreist es von Kies und Regenwasser. Das Display – ein einziger Splitterhaufen. Eine kurze Berührung, keine Reaktion. Du drückst etwas stärker, das Display reagiert nicht, aber ein kleines Stück Glas bricht heraus. So kannst Du Dein Smartphone unmöglich benützen. Ein neues Display muss her und zwar möglichst schnell. Sofort fragst Du Dich: Wie viel kostet es mich, das zu reparieren? Lohnt sich der Preis oder soll ich mir ein neues Gerät kaufen? Wo finde ich einen Reparateur? Wie kann ich ein kaputtes Gerät entsorgen? Kann ich das vielleicht auch selber reparieren? Auf der Stelle drehst Du um. Die Vorlesung hat sowieso längst angefangen. Zuhause angekommen suchst Du online nach einer Lösung. Die Suchanfrage „Smartphone Display reparieren“ erzielt über 280.000 Treffer: Zeitungsartikel, Werbung, Werkstätten, Reparaturvideos, Ersatzteile, Neugeräte und und und. Ein Blick in ein Forum zeigt Dir, dass Du mit Deinem kaputten Display nicht alleine bist. Die Masse an Infos erschlägt Dich.

Stunden später hast Du mehrere Tabs in Deinem Browser geöffnet und beginnst zu vergleichen: Ein Reparateur in Deiner Nähe verlangt für eine Reparatur 80 Euro­. Ein anderer, der eigentlich näher zu Deiner Wohnung wäre, listet online leider keine Preise. Ein Dritter repariert Dein Smartphone für 75 Euro­, hat aber auf yelp und in unterschiedlichen Foren schlechte Rezensionen bekommen. Du bist Dir nicht sicher, welchen Reparateur Du nehmen sollst und verlierst den Überblick, weil Du Dich durch Tabs und unterschiedliche Seiten klicken musst. Das Gleiche gilt für Neugeräte, die Du auf Amazon, Ebay und anderen Seiten für gebrauchte, generalüberholte und neue Smartphones findest. Die ewige Klickerei macht Dich wahnsinnig! Und Du hast Dich immer noch nicht entschieden, ob Du lieber selbst reparierst, weil Du auf Foren und Youtube unterschiedliche Anleitungen findest, aber nicht weißt, wie gut oder schlecht sie sind. Wo Du dafür die passenden Ersatzteile herbekommen sollst, ist Dir auch schleierhaft. Am Ende – es ist mittlerweile zwei Uhr nachts – entschließt Du Dich am nächsten Tag zu einem der Reparateure zu gehen. Frustriert legst Du Dich schlafen. Die Suche hat Dich Stunden gekostet…

Eine Suchmaschine für Reparaturlösungen

Situationen wie diese gehören trotz den Errungenschaften des Internets immer noch zu unserem Alltag. Außerdem drängen ständig neue Geräte auf den Markt. Übersicht und Transparenz? Fehlanzeige! Stattdessen quälen sich Millionen Besitzer defekter Geräte durch
einen Dschungel an Informationen und enden häufig schlecht beraten bei überteuerten oder qualitativ minderwertigen Lösungen. Der Einfachheit halber entscheiden sich viele, ihre Defektgeräte lieber zu entsorgen oder sie kommen auf den Dachboden oder in den Keller.

Als Verbraucherplattform stellt sich ​kaputt.de dieser Herausforderung und zeigt unterschiedliche Lösungswege bei defekten Smartphones. In den kommenden Monaten werden Produkte wie z.B. Fahrräder, Kaffeemaschinen, oder Waschmaschinen folgen. Auf der Plattform vergleichen Hilfesuchende Anleitungen zum selbst Reparieren, Ersatzteile, Reparateure und Neugeräte. Darüber hinaus informiert die Seite zu Entsorgungsmöglichkeiten und Defektverkäufen. Das Ziel ist es, Besitzern defekter Geräte einen übersichtlichen und transparenten Vergleich zu bieten. Alle Optionen können mit einem Blick erfasst werden. Wer sein Wissen teilen will, kann sich kostenlos anmelden und Anleitungen, Ersatzteile, Reparateure und Neugeräte bewerten, kommentieren oder mit neuen Infos ergänzen.

Smartphones als Wegwerf-­Produkt

Eine Hochrechnung des Statistikportals Statista belegt, dass es im Jahr 2014 rund 41,1 Millionen deutsche Smartphone­-Nutzer gab – Tendenz steigend. Je nach Hersteller beträgt die ​durchschnittliche Lebensdauer von Smartphones nur wenige Jahre​. So werden diese teuren Elektrogüter zunehmend zu Wegwerf­-Produkten, da sich Reparieren scheinbar zu selten lohnt. Zu teuer, zu kompliziert, lauten häufig die Antworten, die aber nur ab und zu wahr sind. Klar gibt es viele Geräte, die ohne teures Spezialwerkzeug, technisches Geschick und Know­-How kaum selbst repariert werden können. Der Grund dafür sind ​verklebte Teile, Spezialschrauben und Sollbruchstellen​, die es Otto Normalverbraucher erschweren sollen, selbst Hand anzulegen. Hier setzen aber erfahrende Reparaturservices an und leisten zu fairen Preisen tolle Arbeit. Gleichzeitig gibt es Probleme, so z.B. der Tausch eines schwächelnden Akkus oder ein gebrochenes Display, die mit etwas Geschick schnell und günstig selbst repariert werden können. Es gilt also von Fall zu Fall abzuwägen ­und dies ermöglicht ​kaputt.de​.

Ohne jetzt dogmatisch zu werden, sollte sich ein jeder von uns Gedanken um die wachsenden Müllberge und die rasante Ausbeutung seltener Edelmetalle machen. Ganze 23,2 kg Elektroschrott produzierte jeder Deutsche durchschnittlich im Jahr 2012. Halten die Hersteller an ihrer Produktpolitik fest, wird sich diese Zahl noch vergrößern. Elektrogeräte müssen also so produziert sein, dass sie wieder wartbar und reparierbar sind. Bevor es aber zu einem Umdenken bei den Herstellern kommt, können Verbraucher etwas tun. Sie müssen sich über die Folgen der Wegwerf­-Kultur im Klaren sein und die Reparatur sollte anstelle eines Neukaufs zur echten Alternative werden. Und falls die Reparatur wirtschaftlich oder technisch tatsächlich unmöglich ist, helfen die in Zukunft geplanten, reparierfreundlichen Neuproduktvorschläge auf ​kaputt.de​.

Moritz Zyrewitz

Ist der Gründer der Verbraucherplattform kaputt.de. 2012 zog der gebürtige Münchner nach Berlin und widmet sich seitdem seinem Projekt. Nebenbei engagiert sich er als Mentor bei enpact, einer NGO, die Startups aus Europa mit Jungunternehmern aus Nordafrika und dem Nahen Osten vernetzt.

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