Liquidation Preference

Was ist Liquidation Preference?

Die Liquidation Preference (dt. Liquidationsvorrang) ist eine vertragliche Regelung in Investitionsvereinbarungen, die festlegt, in welcher Reihenfolge und in welchem Umfang Investoren im Falle einer Liquidation, eines Verkaufs oder eines anderen Exit-Ereignisses eines Unternehmens ausbezahlt werden. Sie dient als Schutzmechanismus für Investoren, insbesondere für Venture-Capital-Geber (VCs), die in risikoreiche Startups investieren.

Im Wesentlichen sichert die Liquidation Preference den Investoren zu, dass sie ihr investiertes Kapital (oder ein Vielfaches davon) vor den anderen Aktionären zurückerhalten. Erst danach werden die verbleibenden Erlöse an die Gründer und Mitarbeiter ausgeschüttet. Ohne diese Klausel würden alle Aktionäre proportional zu ihren Anteilen am Unternehmen beteiligt – was für Investoren ein höheres Risiko bedeuten würde.

Warum ist sie wichtig für Investoren und Unternehmen?

Für Investoren ist die Liquidation Preference ein zentrales Instrument, um ihr Kapital abzusichern. Da Startups ein hohes Ausfallrisiko haben, wollen VCs sicherstellen, dass sie im schlimmsten Fall zumindest einen Teil ihrer Investition zurückbekommen.

Für Gründer und Unternehmen kann die Liquidation Preference jedoch eine zweischneidige Angelegenheit sein:

  • Vorteile: Sie macht das Unternehmen für Investoren attraktiver, da diese ein geringeres Risiko tragen.
  • Nachteile: Im Falle eines niedrigen Exit-Werts kann sie dazu führen, dass Gründer und Mitarbeiter leer ausgehen, obwohl sie jahrelang gearbeitet haben.

Ein ausgewogenes Verhältnis zwischen Investorenschutz und Gründeranreizen ist daher entscheidend.

Unterschied zwischen „participating“ und „non-participating“ Liquidation Preference

Die beiden häufigsten Varianten der Liquidation Preference sind:

  1. Non-Participating Liquidation Preference
    • Der Investor erhält entweder seinen ursprünglichen Investitionsbetrag (oder ein vereinbartes Vielfaches) oder seinen Anteil am Exit-Erlös – je nachdem, was höher ist.
    • Danach ist die Transaktion abgeschlossen, der Investor beteiligt sich nicht weiter an den verbleibenden Erlösen.
  2. Participating Liquidation Preference
    • Der Investor erhält zuerst seinen Investitionsbetrag (oder ein Vielfaches) zurück.
    • Anschließend beteiligt er sich zusätzlich prozentual am restlichen Erlös, als ob er normale Aktien besäße.
    • Diese Variante ist für Investoren attraktiver, kann aber Gründer stark benachteiligen.

Beispiel:

  • Ein Investor hat 1 Mio. € investiert mit einer 1x non-participating Liquidation Preference.
  • Das Unternehmen wird für 5 Mio. € verkauft.
    • Non-Participating: Der Investor wählt zwischen 1 Mio. € oder 20% von 5 Mio. € (1 Mio. €) – gleiches Ergebnis.
    • Participating: Der Investor erhält zuerst 1 Mio. €, dann noch 20% der restlichen 4 Mio. € (800.000 €) – insgesamt 1,8 Mio. €.

Typische Klauseln in Verträgen

Neben der grundsätzlichen Unterscheidung zwischen participating und non-participating gibt es weitere wichtige Klauseln:

  • Multiplier-Klauseln (z. B. 2x Liquidation Preference): Der Investor erhält das Doppelte (oder ein anderes Vielfaches) seiner Investition zurück, bevor andere Aktionäre etwas erhalten.
  • Cap bei Participating Preference: Begrenzt den maximalen Betrag, den ein Investor erhalten kann, um Gründer zu schützen.
  • Seniority-Strukturen: Bestimmt, welche Investor-Gruppen Vorrang haben (z. B. Series-A-Investoren vor Series-B-Investoren).

Bedeutung im Kontext von Venture Capital

Im Venture Capital ist die Liquidation Preference ein zentraler Bestandteil der Term Sheets. Sie beeinflusst:

  • Risikobereitschaft von Investoren: Je höher die Absicherung, desto eher investieren sie in risikoreiche Startups.
  • Exit-Strategien: Ein Investor mit starker Liquidation Preference könnte einen niedrigeren Exit bevorzugen, während Gründer auf ein höheres Wachstum setzen.
  • Verhandlungsmacht: Erfahrene Gründer können bessere Konditionen aushandeln, während junge Startups oft nachgeben müssen.

Einfluss auf Unternehmensbewertung und Exit-Strategien

Die Liquidation Preference kann den tatsächlichen Wert eines Unternehmens für Gründer stark verzerren. Ein Beispiel:

SzenarioExit-SummeInvestor (1x Participating, 20% Anteil)Gründer & Team
Erfolgreicher Exit50 Mio. €10 Mio. € + 20% von 40 Mio. € = 18 Mio. €32 Mio. €
Mittelmäßiger Exit10 Mio. €10 Mio. € (kein Rest für Gründer)0 €
Niedriger Exit3 Mio. €3 Mio. € (Investor bekommt nicht einmal Vollbetrag)0 €

Diese Tabelle zeigt, wie stark die Liquidation Preference die Verteilung beeinflusst – insbesondere bei mittelmäßigen Exits.

Verhandlung und Gestaltung von Liquidation Preference

Gründer sollten bei Verhandlungen folgende Strategien beachten:

  • Cap bei Participating Preference setzen, um eine übermäßige Benachteiligung zu verhindern.
  • Non-Participating bevorzugen, wenn möglich, da sie fairer ist.
  • Exit-Schwellen vereinbaren, ab denen die Liquidation Preference entfällt (z. B. ab 5x Investitionssumme).

Investoren werden versuchen, möglichst hohe Sicherheiten durchzusetzen – hier kommt es auf die Verhandlungsmacht an.

Kurze Fragen und Antworten zum Abschluss

1. Wie beeinflusst die Wahl zwischen „participating“ und „non-participating“ Liquidation Preference die Motivation von Gründern?

Eine participating Preference kann Gründer demotivieren, da sie bei mittleren Exits stark benachteiligt werden. Non-participating ist fairer und fördert langfristiges Wachstum.

2. Welche Rolle spielt Liquidation Preference bei der Entscheidung eines Investors, in ein Startup zu investieren?

Sie reduziert das Risiko des Investors und macht das Startup attraktiver. Ohne sie würden viele VCs nicht investieren.

3. Wie können Gründer sicherstellen, dass ihre Interessen trotz Liquidation Preference geschützt bleiben?

Durch Verhandlungen über Caps, Non-Participating-Klauseln und Exit-Schwellen, ab denen die Preference entfällt.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht.