„Habe ich daran gedacht?“
Wichtige Fragen, die sich Existenzgründer vor der Gründung eines Unternehmens stellen sollten
Nicht selten stürzen sich Existenzgründer voller Tatendrang in den Aufbau „ihres“ Startups, ohne sich jedoch darüber Gedanken gemacht zu haben, welche Risiken sie erwarten und welchen Herausforderungen sie sich, neben der Entwicklung ihres Produktes oder ihrer Dienstleistung und der Gewinnung von Kunden, stellen müssen. Doch schnell tauchen die ersten Fragen auf: Welche Rechtsform ist die Richtige für mein Start-up? Ist meine Geschäftsidee vor Nachahmern ausreichend geschützt? Auf welcher vertraglichen Grundlage biete ich meine Produkte und Dienstleistungen an? Wer darauf achtet, grobe Fehler zu vermeiden und nicht unvorbereitet sprichwörtlich „einfach ins kalte Wasser springt“, hat deutlich bessere Chancen, dass sein Startup keinen Schiffbruch erleidet.
1. Die richtige Rechtsform
Bei Aufnahme der Geschäfte besteht die Gefahr, dass Existenzgründer dies tun, ohne ihre Unternehmung in eine adäquate Rechtsform gekleidet zu haben, mit der Folge, dass sie zu großen Teilen mit ihrem Privatvermögen haften. Oft kursiert in diesem Zusammenhang der Irrglaube, dass die Haftungsrisiken überschaubar sind, weil in der Anfangsphase noch nicht viele vertragliche Verpflichtungen eingegangen werden. Dabei wird übersehen, dass das Unternehmertum nicht nur eine Verantwortlichkeit für vertraglichen (Zahlungs-)Ansprüche nach sich zieht, sondern weit darüber hinaus gehende Haftungsrisiken, an die man als Gründer auf den ersten Blick nicht denkt, bestehen: Etwa eine Inanspruchnahme aus Produkthaftung, wenn Kunden durch fehlerhafte Produkte Schaden nehmen, oder Schadensersatzansprüche, wenn ein Produkt nicht vertragsgemäß funktioniert und der Kunde deshalb finanzielle Einbußen erleidet.
Besondere Probleme treten meist dann auf, wenn man alleine oder sogar mit anderen „einfach mal anfängt“. In diesem Fall wird meist – ohne dass weiteres Zutun erforderlich wäre – eine sogenannte BGB-Gesellschaft gegründet, die im Prinzip keinerlei Formvorschriften unterliegt und daher eigentlich Spiegelbild der Hands-on-Mentalität der Gründer ist. Allerdings haftet jeder Gesellschafter der BGB-Gesellschaft für die BGB-Gesellschaft mit seinem Privatvermögen in unbeschränkter Höhe, also nicht nur anteilig – und damit auch ggf. für Fehler der eigenen Geschäftspartner.
Die Frage, welche Rechtsform für einen Existenzgründer die richtige ist, lässt sich nicht pauschal beantworten. Hier spielen zahlreiche Kriterien eine Rolle, über die man zunächst nachdenken und eingehend beraten lassen sollte, ehe man sich für die eine oder gegen die andere Rechtsform entscheidet. Das Spektrum reicht von einer Tätigkeit als Einzelunternehmer, der Gründung einer Personengesellschaft (z.B. oHG, KG) bis hin zu Kapitalgesellschaften (z.B. UG, GmbH oder AG). Während etwa für das Einzelunternehmen aber auch die Personengesellschaften spricht, dass der bürokratische Aufwand für deren Gründung und Administration vergleichsweise klein und der Finanzbedarf für die Gründung geringer ist, spricht für die Kapitalgesellschaften, dass diese zwar eine Kapitalausstattung in gewisser Höhe voraussetzen und formalistischer geprägt sind, doch im Gegensatz zu den Personengesellschaften die Haftung auch auf das Gesellschaftskapital beschränkt ist. Stellt sich später heraus, dass die zu Beginn der unternehmerischen Tätigkeit gewählte Rechtsform ungünstig ist, kann eine etwaig erforderliche Umwandlung in eine andere Rechtsform aufwendig und teuer werden.
2. Verträge
Nicht nur abhängig von der Unternehmensform sind die Anforderungen an Verträge, die im Rahmen der Gründung und des Betriebs eines Unternehmens gestellt werden, vielschichtig. Während im Gesellschaftervertrag die Rechte und Pflichten für das Miteinander der Gesellschafter bzw. Unternehmensgründer geregelt werden, dienen die kommerziellen Verträge dazu, beim Verkauf der Produkte bzw. Angebot der Dienstleistungen die wesentlichen Parameter der Geschäftsbeziehung mit dem Kunden zu definieren. Prinzipiell gilt: Alles war schon mal da – in den seltensten Fällen ist es erforderlich, bei Verträgen sprichwörtlich das Rad neu zu erfinden. Es gibt oftmals bereits Vertragsvorlagen oder Musterschreiben, die – auf die individuelle Situation angepasst – verwendet werden können. Doch Vorsicht vor dem vertrauensseligen Nutzen von Vorlagen, die man sich im Internet kostenfrei heruntergeladen hat! Es besteht die Gefahr, dass diese Muster nicht nur veraltet sind (z.B. aufgrund Änderungen der Gesetzeslage) sondern eventuell auch für den Gründer selbst nachteilige Klauseln enthalten. Je nach Geschäftsfeld und Art des Vertrages können sich unterschiedliche Rechtsfragen auftun, die rechtlichen Konsequenzen können ebenfalls vielfältig sein. Wichtig ist, dass im Vertragswerk jeweils eindeutig die Leistungen, die erbracht werden, und der Zeitpunkt, zu dem sie erbracht werden müssen, geregelt sind. Auch die Gegenleistung/Vergütung muss Bestandteil des Vertrages sein. Ein unklar oder unpräzise formulierter Vertrag kann fatale Auswirkungen haben, sie können von der der Lieferung von Waren/Dienstleistungen zum falschen Zeitpunkt, über Schadensersatzzahlungen, explodierende Kosten bis hin zur Gefährdung der Existenz für das Unternehmen reichen. Als Gründer gilt es zu bedenken: Sie sind nun Unternehmer, in den Genuss von Verbraucherschutzvorschriften kommen im Zweifel ihre Vertragspartner! Auch im Rahmen der Vertragsgestaltung ist Maxime, Schäden für das Startup zu vermeiden. Es empfiehlt sich, ein erstes Set an Vertragsmustern durch einen Fachmann prüfen bzw. vorbereiten zu lassen.
3. Marken- und Domainschutz
Ein Startup lebt von seiner Geschäftsidee und seinem Geschäftsmodell. Nur wenn sich das Unternehmen aus der breiten Masse abheben, besteht die Chance, sich unter den zahlreichen Mitbewerbern am Markt behaupten. Alleinstellungsmerkmale können hier ein spezielles Produkt, eine spezielle Dienstleistung aber auch ein besonderes Verfahren oder eine neue Technik sein. Allerdings sind diese Errungenschaften nichts wert, wenn sich Dritte die Ideen zu Nutze machen können. Nur wer sich frühzeitig die Rechte an den eigenen Ideen und Entwicklungen sichert, vermeidet Streitigkeiten, etwa weil sich ein Dritter – u.U. sogar auf rechtmäßige Weise – Informationen über die Geschäftsidee beschafft und seinerseits Patente und Schutzrechte angemeldet hat und nun seinerseits gegen den Gründer aus einer behaupteten Schutzrechtsverletzung vorgeht. Schlimmstenfalls kann dies dazu führen, dass dem Existenzgründer der Weiterbetrieb seines Geschäfts unter der fraglichen Marke untersagt oder die Nutzung der entsprechenden technischen Errungenschaft verboten wird. Eines besonderen Schutzes bedarf auch der Firmennamen, den Gründer in jedem Falle markenrechtlich schützen lassen sollten. Je nach Geschäftsstrategie und Verbreitung der Produkte/Dienstleistungen steht hier die Entscheidung an, ob ein solcher Markenschutz nur national über eine Anmeldung beim Deutschen Patent- und Markenamt oder auf EU-Ebene in Form einer europäischen Marke beim Harmonisierungsamt für den Binnenmarkt bzw. gar darüber hinaus angestrebt wird. Selbst eine internationale Marke bringt oftmals nicht weltweiten Schutz, da nicht alle Länder den entsprechenden völkerrechtlichen Verträgen beigetreten sind. Gegebenenfalls ist hier die Einschaltung lokaler Fachleute in den jeweiligen Ländern erforderlich, um dort einen entsprechenden Markenschutz zu erreichen. Auch sollten sich Existenzgründer frühzeitig ihren Firmennamen oder eventuell eingängige Namen ihrer Produkte als Top-Level-Domains registrieren, auch über die Standard-Domainendungen .de und .com hinaus. Nur so vermeidet man, dass zu einem späteren Zeitpunkt sog. Domaingrabber sich den Firmennamen im Rahmen verschiedener Domains zu Eigen machen und versuchen, gegen zumeist völlig überhöhtes Entgelt diesen wieder an das jeweilige Unternehmen zu verkaufen.
4. Fazit
Die Herausforderungen für Gründer in der Gründungsphase eines Unternehmens sind vielseitig. Ein besonderer Fokus sollte dabei auch auf die Rechtsprobleme und rechtlichen Risiken, die mit der Gründung einhergehen, gelegt werden, die weit über die Darstellungen in diesem Artikel hinausgehen. Nicht nur die Frage der richtigen Rechtsform des Unternehmens, auch die Anmeldung von Schutzrechten, Patenten und Domains sowie die Erstellung eines adäquaten Vertragswerks überschreiten das eigene Können der Gründer. Es ist nicht erforderlich, alles zu können. Wichtig ist nur, daran zu denken, und sich entsprechend von Fachleuten beraten zu lassen.
*Dieser Artikel dient nur der allgemeinen Information und stellt keine individuelle Rechtsberatung dar. Für die Richtigkeit des Inhalts wird keine Gewähr übernommen. Eine Haftung ist ausgeschlossen. Für etwaige Rückfragen steht der Autor gerne zur Verfügung.
Vielen Dank für diesen interessanten Artikel.
Sehr ausgewogen ist die Betrachtung der Rechtsformen. Leider wird – gerade aus der Ecke der Rechts- und Steuerberatung – allzu gerne pauschal die BGB-Gesellschaft in ein unvorteilhaftes Licht gerückt. Natürlich geht man mit ihr ein unbegrenztes Risiko ein, aber nicht unbedingt ein unkalkulierbares. Lange nicht jeder Gründer jongliert mit Millionen und auch die Haftungsrisiken sind nicht immer immens. Auf jeden Fall sind die Anforderungen in den Bereichen Buchhaltung und Steuer immens geringer, und auch der Wechsel in eine andere Rechtsform ist sehr einfach. Im Sinne von Agilität spricht so einiges dafür, schlank anzufangen – aber bitte nicht naiv. Ein Vertrag zwischen mehreren Gesellschaftern ist immer empfehlenswert – alleine schon, falls es einmal Gewinne zu verteilen gibt…
Die Liste an Dingen, über die man nachdenken sollte, läßt sich noch weit ausdehnen. Mir fallen da die folgenden Stichworte spontan ein:
* finanzielles Polster für die ersten Monate
* Versicherungen, z.b. Haftpflicht
* Buchhaltung: selber machen oder extern vergeben, gleiches gult evtl. Für die Gehaltsabrechnung