Das Verpackungsgesetz für Kleinunternehmen und Start-ups einfach erklärt
Regelmäßig führt das Verpackungsgesetz in Deutschland zu Abmahnungen und gilt als einer der größten Stolpersteine für junge Unternehmen. Auch Start-ups und Kleinunternehmen sind hiervon nicht ausgenommen, denn das Verpackungsgesetz gilt prinzipiell für jeden, der verpackte Produkte in Deutschland gewerblich auf den Markt bringt. Im Klartext heißt das: Alle Hersteller, Importeure und (Online-) Händler müssen sich für die Verpackung ihrer Produkte am Recycling beteiligen. Wie das genau funktioniert, welchen Sinn das Verpackungsgesetz hat, und worauf besonders Kleinunternehmen und Start-ups dabei achten sollten, erklären wir in diesem Artikel.
Geschichte und Sinn des Verpackungsgesetzes
Das Verpackungsgesetz (VerpackG) gilt in Deutschland seit Januar 2019. Es hat die vorher gültige Verpackungsverordnung abgelöst und die Vorgaben der 2018 reformierten EU-Verpackungsrichtlinie im deutschen Gesetz verankert.
Der Sinn des Verpackungsgesetzes ist es, dass Verpackungsabfälle vermieden und die Recycling-Quoten verbessert werden. Das Grundprinzip ist dabei die sogenannte Erweiterte Produktverantwortung („Extended Producer Responsibility“), wodurch die Unternehmen für das Recycling verantwortlich gemacht werden. Durch eine finanzielle Abgabe pro Kilogramm Verpackungsmaterial sollen marktwirtschaftliche Anreize geschaffen werden, die das Einsparen von Verpackung belohnen. Gleichzeitig werden die erzielten Erlöse direkt für die Verbesserung der Recycling-Infrastruktur verwendet. Die Einhaltung des Verpackungsgesetzes ist also auch ein Schritt in Richtung Nachhaltigkeit, und somit für heutige Start-ups wichtiger denn je.
Wer ist vom Verpackungsgesetz betroffen?
Das VerpackG legt eine Systembeteiligungspflicht für alle Verpackungen fest, die üblicherweise im Müll von privaten Endverbrauchern anfallen. Das schließt jedoch auch B2B-Verkäufe an z. B. Kleingewerbe oder Gaststätten mit ein. Betroffen ist dabei grundsätzlich dasjenige Unternehmen, das die Verpackung erstmalig mit Ware befüllt bzw. verpackte Produkte gewerblich in Verkehr bringt. Betroffen ist also, wer:
- Produkte aus dem Ausland importiert und in Deutschland auf den Markt bringt
- Produkte in Deutschland herstellt oder in seinem Namen herstellen lässt
- Produkte in einer neuen Verpackung weiterverkauft (z. B. Versandverpackung)
- als ausländisches Unternehmen direkt an Endkunden in Deutschland liefert
Mindestmengen gibt es dabei keine. Bereits ab einer einzigen Verpackung ist ein Unternehmen vom Verpackungsgesetz betroffen; es gilt also gleichermaßen auch für Kleinunternehmen, Solopreneurs und Start-ups. Jedes betroffene Unternehmen muss sich bei der Zentralen Stelle im LUCID Verpackungsregister registrieren und eine Verpackungslizenz für seine Verpackungen erwerben.
Wer seine Pflichten aus dem Verpackungsgesetz nicht einhält, kann mit einem Betriebsverbot oder einem Bußgeld von bis zu 200.000 Euro bestraft werden. Weit häufiger sind Start-ups aber von Abmahnungen betroffen – denn durch das öffentlich einsehbare Verpackungsregister kann jeder Mitwettbewerber sehr einfach in Erfahrung bringen, wer sich am Recycling beteiligt und wer nicht.
Registrierung bei der Zentralen Stelle Verpackungsregister „LUCID“
Die Registrierung im LUCID Verpackungsregister ist kostenlos und schnell erledigt. Start-ups sollten die Anmeldung schon vornehmen, bevor die ersten Produkte auf den Markt gebracht werden, denn das öffentlich einsehbare Register macht es Wettbewerbern und Anwälten besonders einfach, nicht eingetragene Firmen abzumahnen. Die Registrierung kann direkt online auf der Website der Stiftung Zentrale Stelle Verpackungsregister vorgenommen werden. Die offizielle Schritt-für-Schritt Anleitung hilft dabei:
Erwerb der Verpackungslizenz bei einem Dualen System
Neben der Registrierung im LUCID Verpackungsregister sieht das Verpackungsgesetz den Erwerb einer Verpackungslizenz vor. Die Lizenzierung kann in Deutschland ausschließlich bei einem Dualen System erfolgen. Dabei stehen folgende Anbieter zur Auswahl:
- BellandVision GmbH
- Der Grüne Punkt – Duales System Deutschland GmbH
- Interseroh Dienstleistungs GmbH
- Landbell AG für Rückhol-Systeme
- Noventiz Dual GmbH
- Reclay Systems GmbH
- Veolia Umweltservice Dual GmbH
- Zentek GmbH & Co. KG
In der Regel kostet die Verpackungslizenz für Kleinstmengen lediglich ein paar Euro. Bei größeren Mengen richtet sich der Preis nach der pro Kalenderjahr in Umlauf gebrachten Verpackungsmenge. Es handelt sich um kleine Centbeträge je Kilogramm getrennt nach Material-Typ, wobei zum Beispiel die Preise für Papier wesentlich günstiger sind als für Plastik Verpackungen.
Nach Erwerb der Verpackungslizenz müssen dieselben Mengen auch im LUCID Verpackungsregister gemeldet werden, um die Transparenz für die Behörden zu gewährleisten. Zum Jahreswechsel sollte dann jeweils eine abschließende Mengenmeldung erfolgen, sowie ein Forecast für das neue Jahr. Wer jedes Jahr seine Verpackungen lizenziert und im Verpackungsregister meldet, erfüllt seine Verpflichtungen aus dem Verpackungsgesetz.
Wer muss welche Verpackungen lizenzieren?
1.) Produktverpackung:
Egal ob Glasflasche, Plastiktube oder Papierverpackung; die meisten Produkte sind auf die ein oder andere Art verpackt. Verantwortlich ist grundsätzlich das Unternehmen, das erstmals das Produkt in Deutschland verpackt oder in dessen Name das Produkt verpackt wird. Falls das Produkt importiert wird, ist der Importeur für die Verpackung verantwortlich.
2.) Versandverpackung:
Im Online Handel bzw. Versand Handel kommt darüber hinaus eine Versandverpackung zum Einsatz. Dazu zählen auch das Füllmaterial oder Klebeband, das beim Verpacken verwendet wird. Auch hier gilt, dass derjenige verantwortlich ist, der die Artikel verpackt. Das kann auch ein externer Versanddienstleister sein, sofern auf der Versandverpackung kenntlich ist, um welchen Dienstleister es sich handelt. (Beispiel: Amazon FBA Lieferungen in den klassischen Amazon Verpackungen)
Insbesondere für Start-ups im Online Handel ergeben sich somit interessante Konstellationen. Bezieht das Unternehmen die Produkte von einem Produzenten oder Großhändler in Deutschland und verkauft es über einen Online Shop weiter? In dem Fall muss nur die Versandverpackung lizenziert werden. Bezieht man dieselben Produkte z. B. aus China? Dann müssen sowohl Produkt- als auch Versandverpackung lizenziert werden. Wird dasselbe Produkt über Amazon FBA verkauft, dann muss nur die Produktverpackung lizenziert werden; Amazon ist für die Versandverpackung verantwortlich.
Generell gilt auch, dass nur die Verpackungen in Deutschland Lizenzierungspflichtig sind, die auch in Deutschland an den Endkunden verkauft werden. Wenn eine Sendung ins Ausland geht, fällt diese unter das dortige Verpackungsgesetz. Umgekehrt sind ausländische Online Händler, die an Kunden in Deutschland liefern, sowohl für Produkt- als auch für Versandverpackung der Inverkehrbringer und somit lizenzierungspflichtig.
3.) Service-Verpackung:
Besonders wichtig für viele Food-Startups oder Cafés: Als Service-Verpackung bezeichnet man alles, was direkt zum Zeitpunkt der Übergabe an den Kunden verpackt wird. Klassische Beispiele sind der Pizzakarton, Coffee-To-Go Becher, oder die Papiertüte beim Bäcker. Auch hier ist prinzipiell das verpackende Unternehmen verantwortlich; allerdings kann die Lizenzierungspflicht auf Wunsch an den Verpackungshersteller übertragen werden. Das bedeutet, dass Service-Verpackungen vorlizenziert gekauft werden können.
4.) Mehrwegverpackungen und pfandpflichtige Verpackungen bzw. Pfandflaschen sind generell von der Systembeteiligungspflicht ausgenommen
Verpackungsgesetze im Ausland
Gilt das Verpackungsgesetz auch im Ausland? Ja und Nein. Das in diesem Artikel beschriebene Verpackungsgesetz gilt zunächst nur für den deutschen Markt. Es basiert jedoch wie eingangs erwähnt auf der EU-Verpackungsrichtlinie. Genau wie in Deutschland gibt es daher in jedem EU-Mitgliedsstaat sowie in einigen Drittländern ganz ähnliche Gesetze. Das hat für Start-ups oder Kleinunternehmen insbesondere dann fatale Folgen, wenn der Versand ins Ausland angeboten wird. Denn hier ist nicht das Gesetz im Land des Versenders wichtig, sondern im Land des Kunden. Wer also z. B. über einen Online Shop an Endkunden im Ausland verkauft bzw. den Verkauf anbietet, muss unbedingt vorher prüfen, ob Verpflichtungen aus dem dortigen Verpackungsgesetz vorliegen. Da jedes Land unterschiedliche Gesetze und Institutionen geschaffen hat, kann eine solche Recherche nicht nur sehr lange dauern, sondern auch hohe Kosten in Anspruch nehmen. Der digitale Beratungsservice von ecosistant kann hierbei eine geeignete Anlaufstelle für Kleinunternehmen und Startups sein, um mit geringem Einsatz einen guten Überblick über die eigenen Pflichten im Ausland zu erhalten und diese überall zu erfüllen.