URL-Shortener – Wie Gründer ihre Reputation verspielen

Mit dem Begriff URL-Shortener bezeichnet man Online-Dienste, die lange Weblinks in kompakte Internetadressen verwandeln. Diese Kurz-URLs bieten einige Vorzüge, mittlerweile aber auch mindestens genauso viele Nachteile. Insbesondere Gründer, die gerade dabei sind, ihre Marke und Reputation aufzubauen, sollten Kurz-URLs nur in besonderen Fällen einsetzen.

Kurz-URLs als praktische Helfer

Lange URLs sind im Internet keine Seltenheit. Wenn ein Link eine Reihe von Parametern enthält, tief in der Zielseite verschachtelt ist oder aus langen Zahlenkolonnen und Buchstabenkombinationen besteht, bietet es sich an, die Adresse mit einem URL-Shortener zu kürzen. Hierzu kann man auf verschiedene Dienste zurückgreifen: etwa auf bit.ly oder goo.gl. Diese Dienste erweitern ihre Ziel-URL um wenige ASCII Zeichen, um aus einer langen Adresse wie https://www.startupbrett.de/10-tipps-fuer-erfolgreiches-netzwerken-als-gruender/ eine handlichere URL zu machen – zum Beispiel http://goo.gl/4xfpHG.

Kurz-URLs leiten Internetnutzer auf die jeweilige Ursprungsadresse weiter. Dabei bieten sie insbesondere drei Vorteile:

  • Aufgrund ihrer geringen Länge lassen sich Kurz-URLs sehr gut offline kommunizieren – etwa am Telefon.
  • Die URL-Shortener sammeln zusätzliche Daten: etwa die Anzahl der Klicks, das Ursprungsland der Besucher, ihren Browser-Typ etc.
  • Da man die gleiche Internetadresse in verschiedene Kurz-URLs konvertieren kann, eignen sich URL-Shortener auch hervorragend für A/B-Testings.

Das alles klingt praktisch und logisch, und sicherlich haben URL-Shortener ihren Reiz. Trotzdem werde ich dir nun erklären, warum du lieber die Finger von diesen Diensten lassen solltest.

URL-Shortener verschleiern

Stell dir vor, du bist in einem sozialen Netzwerk auf einen dir unbekannten Nutzer gestoßen, der dir die URL https://goo.gl/oCoEEy empfiehlt. Er verspricht dir, dass du dort die genaue Definition von Start-ups findest. Du wirst dich fragen, was sich hinter dieser Adresse verbirgt. Doch eine Antwort fällt schwer, denn URL-Shortener verschleiern die ursprüngliche URL. Dadurch verschwindet der Bezug zu der eigentlichen Seite und ihrem Inhalt. Auch, wenn es mittlerweile möglich ist, Kurz-URLs mit Inhaltsangaben und einem lesbaren Bereich zum Ende der URL zu generieren – die Ziel-URL bleibt verborgen. Wie negativ sich dieser Aspekt auf das Besucherverhalten auswirken kann, zeigen verschiedene Studien: Demnach werden gekürzte URLs bis zu dreimal weniger angeklickt als Original-Links.

Die Frage, die sich unmittelbar stellt, lautet: Möchtest du als Gründer Trust aufbauen oder nicht? Sofern du nicht im Namen einer großen Tageszeitung in den sozialen Netzwerken unterwegs bist, solltest du das Vertrauen in dein Unternehmen oder in deine Person nicht unnötig gefährden.

Gerade wenn du eigene Inhalte teilst, kommt ein weiterer Faktor hinzu: Über deine URL kannst du deine Marke sichtbar machen. Betreibst du beispielsweise einen Blog, ist es immer ratsam, anstelle von Kurz-URLs deine Original-Adresse zu nutzen. Denn damit baust du nicht nur Vertrauen auf, sondern stärkst auch deine Marke – mit jedem einzelnen Post.

Vertrauen und Glaubwürdigkeit sind die Grundpfeiler für den Erfolg deiner Online-Marketing-Bemühungen. Dein Ziel sollte sein, dass deine Follower und Fans keinen Augenblick zögern, einem von dir empfohlenen Link zu folgen. Wenn du eine Marke aufbauen möchtest, solltest du außerdem dem Matching von Unternehmens- bzw. Produktname und URL Priorität einräumen.

URL-Shortener sparen keine Zeichen bei Twitter

Immer wieder ist zu lesen, dass über URL-Shortener wertvolle Zeichen bei Twitter eingespart werden könnten. Das ist absolut falsch! Twitter kürzt mittlerweile jeden Link intern – mit seinem eigenen Dienst t.co. Auf den Support-Seiten von Twitter heißt es: „Jede URL wird auf 23 Zeichen verkürzt, auch wenn der Link selbst weniger als 23 Zeichen hat. Das zeigt dir auch dein Zeichenzähler an.” Das heißt, dass auch Kurz-URLs in 23 Zeichen verwandelt werden:

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In den gezeigten Beispielen siehst du, dass stets 59 Zeichen übrig bleiben. Solltest du also URL-Shortener ausschließlich verwenden, um die Anzahl der Zeichen bei Twitter zu reduzieren, kannst du das ab heute sein lassen!

Twitter hat mit der Integration eines eigenen Link-Shorteners den Weg für Twitter Analytics frei gemacht. Die hier gewonnen und zur Verfügung gestellten Daten sind nahezu identisch mit denjenigen, die externe Online-Dienste ihren Nutzern bieten.

Gekürzte URLs sind nicht beständig

Wenn du für die Weiterleitung deiner URL einen externen Dienst in Anspruch genommen hast, bist du natürlich davon abhängig, dass dieser Dienst auch in ein bis zwei Jahren noch aktiv ist. Andernfalls könnte die gesamte Verlinkung zu deiner Seite verloren gehen.

Damit schaffst du eine Abhängigkeit, die gar nicht notwendig ist. Wie bereits erwähnt, bieten soziale Medien wie Twitter, Facebook und Co. bereits zahlreiche eigene Möglichkeiten zur Besucher-Analyse. Solltest du auf deiner Seite Google Analytics verwenden, stehen dir ohnehin nahezu alle Daten zur Verfügung, die dir auch die URL-Shortener liefern.

Google-Vertreter betonen zwar immer wieder, dass gekürzte URLs keinen Einfluss auf SEO haben;  doch jeder Internetnutzer hat sicherlich schon einmal erlebt, dass eine Weiterleitung fehlerhaft ist oder eine erhebliche Verzögerung bewirkt. Beides sind Faktoren, die sich auf das Google-Ranking auswirken können und keinesfalls vernachlässigt werden sollten.

Es geht um die Reputation deines Unternehmens

Fassen wir zusammen: Es gibt gute Gründe für die Verwendung von Kurz-URLs. Sie erlauben es, lange Links in kurze, verbal leicht vermittelbare URLs zu wandeln, die sich schneller kommunizieren lassen als eine IBAN-Nummer. Auch für A/B-Testings deiner Strategie bzw. deiner Webseite ist der kurzfristige Einsatz von URL-Shortenern eine tolle Sache.

In sozialen Netzwerken solltest du auf URL-Kürzungen aber gänzlich verzichten. Sie haben nicht nur keinen Nutzen, sondern mindern auch deine Glaubwürdigkeit und schaffen kein Vertrauen zu dir und deiner Marke. Da du dich von einem zusätzlichen Dienstleister abhängig machst, der die Weiterleitung theoretisch jederzeit zu deinem Nachteil verändern kann, gefährdest du außerdem den Erfolg deines Linkaufbaus.

Als Gründer solltest du gerade in der Anfangsphase Vertrauen ausstrahlen und zuverlässig und glaubwürdig erscheinen. Gefährde diese Außenwirkung nicht durch eine unnötige Weiterleitung.

 

Lukas Herbst

Lukas Herbst ist 37 Jahre alt, Produktmanager bei Gemalto und Gründer der Online-Plattform StartupBrett. Nach Kosmos-Kasten, C64, Schule und Studium, folgten erste Erfahrungen als Freelancer, eine Festanstellung, 2 Kinder und 2 Start-ups.

4 Responses

  1. Einspruch, Lukas! Die meisten Probleme lassen sich verhindern und Du verlierst dann auch keinen Trust.

    Voraussetzung – Du besorgst Dir eine eigene kurze Domain und betreibst einen eigenen Linkverkürzer (z.B. Yourls).

    Für webZunder sind wir mit wbz.me fündig geworden. Die Abkürzungen können wir selbst festlegen. Die Kontrolle liegt allein bei uns! Bei Bedarf können wir auch die Links dahinter selbst ändern. So sind die Links beständig und so lange verfügbar wie ich möchte.

    Auf einer Veranstaltung ist dann http://wbz.me/startups auch schneller notiert als https://www.webzunder.com/de/startups/ ;)

    Wer Unterstützung braucht kann sich gern mal melden. Ich überlege mir, ob wir das als kleines Paket anbieten, wenn Interesse daran besteht.

    • Lukas Herbst sagt:

      Danke für Deinen Input, Dirk. Ein eigener URL-Shortener ist eine gute Alternative wenn man auf solche Dienste nicht verzichten kann/möchte.
      wbz.me bringe ich allerdings nicht eindeutig mit webzunder in Verbindung. Daher würde ich es im Erstkontakt in den Sozialen Netzwerken nicht anklicken. Ganz anders ist es, wenn man bereits eine Marke aufgebaut hat und dann eine schnelle Assoziation mit der Kurz-Url hat, wie z.B. goo.gl

      Wer darauf verzichten kann zu kürzen, sollte es auch lieber bleiben lassen.

      Lukas

  2. .htaccess

    Redirect 301 kurz /doofe_lange_datei_die_sich_keiner_merkt

    # ist ganz simple, versteht jede suchmaschine und schneller geht nicht

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