Volle Netzwerk-Kraft voraus – Wie sich die Deutsche Bahn durch Startups modernisieren möchte

Der Wandel ist seit jeher ein zentrales Element eines jeden Unternehmens. Dafür gibt es viele Gründe. Eines steht jedoch fest: Die Deutsche Bahn arbeitet als einer der größten Mobilitätsanbieter Europas intensiver denn je bereichsübergreifend und inhaltlich an weitreichenden Veränderungen – zur Umsetzung von neuen Strukturen und Systemen.

Modernisierung und Innovation sind gerade von großer Bedeutung für die Deutsche Bahn. Verschiedene Bereiche sollen fit für die Zukunft gemacht werden. Bereits letztes Jahr starteten konzernweit sechs 4.0-Initiativen. Überall wird daran gearbeitet, vor allem die Digitalisierung innerhalb der Deutschen Bahn voranzutreiben. Mittlerweile werden insgesamt ca. 260 Digitalisierungsprojekte umgesetzt. Nun geht das Unternehmen noch einen Schritt weiter: Auf einer offenen Datenplattform werden Daten zur freien Nutzung öffentlich verfügbar gemacht. Mit Hackathons, einem Accelerator-Programm und konkreten Challenges möchte die DB auf die Unterstützung von Programmierern, Entwicklern, Kreativen, Startups und Gründern bauen. Für den Austausch und die Zusammenarbeit im Sinne von Co-Creation und Open Innovation hat die Deutsche Bahn in Berlin im S-Bahnhof Jannowitzbrücke einen Ort geschaffen: die mindbox Berlin.

Im Mittelpunkt der ersten, aktuell ausgerufenen Challenge steht eine der Kernaufgaben der Deutschen Bahn: der Kundenservice an der DB Information im Bahnhof. Der Bahnhof spielt eine ganz zentrale Rolle in der Reisekette. An der DB Information sollen Kunden schnell und gut über Reisewege und Fundsachen, aktuelle Abfahrtszeiten und Anschlüsse informiert werden. Hier kann aber u.a. auch die Anmeldung zum Carsharing von Flinkster stattfinden. Um auch in der Rushhour dem Ansturm Herr zu werden, müssen die Voraussetzungen für die DB Mitarbeiter optimiert, die Prozesse überarbeitet und moderne Informationstechnologien und Anzeigemöglichkeiten ergänzt werden. Dies zieht auch eine Umgestaltung der DB Information nach sich. Mit der „DB Information:challenge“ bittet die DB, ihr bei dieser Aufgabe zu helfen. Bis zum 6. Dezember 2015 (Ende der Einreichefrist für erste Konzeptentwürfe) werden die besten Konzepte für das Neudesign der zentralen Anlaufstelle an über 80 Bahnhöfen in ganz Deutschland gesucht. Die vielversprechendsten Ansätze werden in einem Bootcamp Anfang Januar weiterentwickelt, um am Ende aus den Konzepten erste Prototypen zu entwickeln.

In einem spannenden Interview konnte Startup Germany Steven Hildebrandt, Produktmanager bei der Station&Service AG und zuständig für die DB Information:challenge, befragen.

Herr Hildebrandt, in dem Stadtbahnviadukt des S-Bahnhofs Jannowitzbrücke hat die DB die mindbox eingerichtet. Wie kam es zu der Idee, mit ihr die „DB Information:challenge“ auszuschreiben?

Wir als Station&Service haben eine besonders enge Beziehung zur mindbox. Einmal, weil wir als Vermieter auch die Räumlichkeiten stellen. Als nach einem geeigneten Standort für die heutige mindbox gesucht wurde, kamen wir schnell auf diesen tollen Ort, den wir nach Vorstellungen der Initiative Infrastruktur 4.0 umgestaltet und modernisiert haben.

S&S arbeitet darüber hinaus bereits in verschiedenen Initiativen mit Startups zusammen. Beispielsweise im Kontext unseres Programms Next Station, in dem wir innovative Shopkonzepte junger Startups suchen, denen wir für einen Monat einen Popup Store im Hauptbahnhof Berlin zur Verfügung stellen, um ihre Produkte oder Services zu vertreiben. Wir werten so den Bahnhof als Shopping-Center für die Besucher auf und schaffen gleichzeitig Chancen für junge Gründer.

In unserem Ressort-Programm Infrastruktur 4.0 bringen wir uns auch auf Grund unserer positiven Erfahrungen in der Zusammenarbeit mit den Startups gerne ein. Wir beschäftigen uns gerade mit dem Thema der DB Information und wie wir sie auf die Anforderungen der nächsten Jahre noch besser ausrichten können. Dabei wollten wir bewusst auf Ideen und Lösungsvorschläge auch von außen nicht verzichten und haben uns entschlossen, die Challenge als Format der mindbox, hierzu zu nutzen, um Input für uns zu generieren.

Wie helfen Digitalisierung und Crowdsourcing konkret, die anstehenden Herausforderungen der DB Station&Service AG zu meistern?

Gerade im Hinblick auf Kundenwünsche ist es uns in vielerlei Hinsicht wichtig, Ideen und Lösungsansätze von potenziellen Kunden, Entwicklern und Startups in unsere Betrachtungen einzubeziehen. Unsere Kunden sind bereits oft mit digitalen Endgeräten ausgestattet, nutzen die Informationsangebote und Zugänge über ihre mobilen Endgeräte. Hier wollen wir Schritt halten und unsere DB Information in das digitale Zeitalter bringen, um Informationen schneller und aktueller bereit zu stellen und auch dem entsprechend ausgestatteten Kunden die Möglichkeit zu geben, sich selbst zu informieren.

Weiterhin wird es auf absehbare Zeit auch Kunden geben, die sich persönlich informieren möchten, bzw. Themen geben, wo dies auch nicht anders geht. Hier möchten wir weiterhin das menschliche Gesicht im Bahnhof an der DB Information stellen. Aber auch diese Mitarbeiter greifen auf Systeme zu, nutzen verschiedene Informationskanäle. Hier möchten wir die richtigen Informationen bereitstellen, unsere Prozesse und Abläufe optimieren, um genau den Menschen auch helfen zu können, die unsere Hilfe benötigen. Dabei soll uns der Wettbewerb unterstützen, auf neue Ideen zu kommen, einmal anders an die verschiedenen Herausforderungen heranzugehen.

Was ist bei der „DB Information:challenge“ die Herausforderung und welchen Beitrag erwarten Sie sich von Startups? Welche Kriterien sind für Sie wichtig, damit aus einem Konzept ein Siegerkonzept werden kann?

Die DB Information bietet verschiedene Chancen für Verbesserungen. Einmal möchten wir die Möglichkeiten der Digitalisierung hier verstärkt nutzen, ohne aber den menschlichen Faktor zu verlieren. Wir möchten klarer zeigen, was ein Reisender an Hilfestellung an der DB Information zu erwarten hat, ihm aber auch verstärkt Möglichkeiten der Selbstauskunft zur Verfügung stellen. Am Ende möchten wir mehr Menschen in kürzerer Zeit digital oder persönlich helfen. Bei der Beurteilung der Konzepte ist uns wichtig, dass hier innovative und neue Ideen Eingang finden, die aber auch zeitnah realisierbar sind. Wir suchen ein gesamthaftes Konzept, dass sich sowohl mit den Kundenbedürfnissen, aber auch mit den Anforderungen unserer Mitarbeiter auseinandersetzt. Dabei sind natürlich die Abläufe, aber auch das Design und der Aufbau der DB Information in Betracht zu ziehen.

Welchen Mehrwert sehen Sie für Startups, wenn sie sich für eine Teilnahme entscheiden? Anders gefragt: Warum sollte ich mich als Startup bei der „DB Information:challenge“ bewerben?

Das Gewinnerteam erhält nicht nur 15.000 €. Alle Teilnehmer der Challenge können auf verschiedene Weise profitieren. Alle Startup-Beiträge werden von verschiedenen Mitarbeitern innerhalb und außerhalb der DB gescannt. Gute Ideen und Konzepte fallen auf und werden sicherlich in Erinnerung bleiben. Im Rahmen der zwei Pitch-Events haben die Teams die Möglichkeit, sich und Ihre Kompetenzen nicht nur der DB, sondern auch Dritten zu präsentieren. Die Reisekosten werden dabei von der DB übernommen. Die Teams gewinnen Sichtbarkeit und Kontakte, auch in die Bahn. Die Teams, die es bis ins Bootcamp Anfang Januar schaffen, können ca. eine Woche auf Kosten der DB ihre Konzepte verfeinern und mit erfahrenen Coaches und Mentoren arbeiten. Dabei können sie für sich und ihre Konzepte wahnsinnig viel mitnehmen und lernen. Wir denken, dass ist eine gute Learning-Experience für beide Seiten und am Ende steht eine super Referenz.

Wir bedanken uns herzlich für das angenehme und interessante Gespräch.

 

Anne Zoppelt

Anne Zoppelt ist bei Startup Germany für Öffentlichkeitsarbeit und Community Management verantwortlich.

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