Vorsteuer berechnen – so geht’s!
Wer sich heute selbstständig machen und ein eigenes Unternehmen gründen möchte, hat eine Vielzahl an Regelungen zu beachten. Einen nicht unerheblichen Anteil nehmen die steuerlichen Vorschriften ein. Da ist es gerade für Gründer und Start-ups sinnvoll, sich rechtzeitig vor dem Start hinreichend zu informieren.
Vorsteuer – was ist das?
Eine der verschiedenen Steuerarten, mit denen sich Unternehmen konfrontiert sehen, ist die Vorsteuer. Der Begriff Vorsteuer kommt aus dem Umsatzsteuergesetz UstG und besagt, dass von Rechnungen, die für benötigte Waren und Dienstleistungen vom gewerblichen Verkäufer erstellt werden, die darin erhobene Umsatzsteuer steuerlich geltend gemacht werden darf. Der Unternehmer kann von seiner eigenen Umsatzsteuerschuld die bereits an andere Unternehmen entrichtete Umsatzsteuer also als Vorsteuer wieder abziehen. Das mindert seine Steuerschuld. In einigen Fällen kann das schon einmal mehrere Hunderte Euro ausmachen. Finanzielle Mittel, die gerade von Gründern oder Start-ups dringend benötigt werden. Voraussetzung für den Abzug der Vorsteuer ist das Vorhandensein einer Rechnung. Die Umsatzsteuer beziehungsweise Vorsteuer muss auf dieser explizit ausgewiesen sein. Genau wie bei der Umsatzsteuer gelten auch bei der Vorsteuer die beiden Beträge 19 Prozent normaler Steuersatz und 7 Prozent ermäßigter Steuersatz.
Praktisches Beispiel für das Vorsteuer berechnen
Beim Kauf von Waren im Wert von 1000 Euro, beispielsweise Stoffe zur Herstellung modischer Hosen, zahlt der Unternehmer, in diesem Fall ein Textilhersteller, neben dem Warenwert in Höhe von 1000 Euro ebenfalls die Umsatzsteuer von 190 Euro (beziehungsweise die Vorsteuer in Höhe von 19 %). Die Gesamtrechnung für die Stoffe lautet also über brutto 1.190 Euro. Genau diesen Betrag, nämlich die 190 Euro, kann der Unternehmer dem Finanzamt gegenüber als Vorsteuer berechnen. Er zahlt also für den Einkauf des für die Herstellung der modischen Hosen benötigten Materials keine Umsatzsteuer. Genauso verhält es sich übrigens mit allen anderen Zubehörteilen, wie Nadeln, Garnen oder den Maschinen. Immer dann, wenn ein Unternehmen Produkte oder Dienstleistungen für die Herstellung der eigenen Waren einkauft, kann es die Vorsteuer dem Finanzamt gegenüber geltend machen. Als Voraussetzung dafür muss die Rechnung bereits bezahlt sein. Die Rechnung selbst muss beim Finanzamt eingereicht werden.
Wie wird die Vorsteuer angemeldet?
Damit der Unternehmer die Vorsteuer von seinem Waren- oder Dienstleistungskauf abziehen kann, muss er gegenüber dem Finanzamt bestimmte Fristen beachten. Diese richten sich nach der Höhe des Umsatzes oder auch nach dem Beginn der Geschäftstätigkeit. Für Gründer und Start-ups gelten andere Fristen, als dies für bereits längere Zeit tätige Unternehmen der Fall ist. Mit der Anmeldung eines Unternehmens erhalten die Gründer einen Fragebogen vom Finanzamt zugesandt. Liegt der für das erste Jahr geschätzte Umsatz über 17.500 Euro, gilt die Kleinunternehmerregelung bereits nicht mehr. Der Unternehmer schätzt den Umsatz für die kommenden 12 Monate möglichst realistisch ein und meldet diesen Betrag an das Finanzamt. Im ersten Jahr der Geschäftstätigkeit erfolgt die Meldung der Vorsteuer an das Finanzamt mit der abzugebenden Steuererklärung und damit nach Ablauf des ersten Geschäftsjahres. Anhand des dann wirklich getätigten Umsatzes legt das Finanzamt für die folgenden Jahre den Turnus der Vorsteuermeldungen fest. Diese kann monatlich, quartalsweise oder jährlich erfolgen. In den meisten Fällen wird die Meldung zur Vorsteuer quartalsweise eingereicht. Dabei gelten Fristen, die vom Unternehmer zwingend einzuhalten sind. Das Finanzamt darf in Fällen einer Fristversäumnis Bußgelder verhängen.
Besonderheiten der Kleinunternehmerregelung
Wie bereits erwähnt, gibt es auch die Möglichkeit, zunächst eine Kleinunternehmerregelung zu wählen. Diese hat den Vorteil eines vereinfachten Steuerverfahrens. Dabei muss der Unternehmer in seinen eigenen Rechnungen keine Umsatzsteuer ausweisen. Dadurch kann er sich viel zeitlichen Aufwand sparen, weil er im Umkehrschluss keine Umsatzsteuererklärungen an das Finanzamt abgeben muss. Allerdings kann er so auch nicht den günstigen Vorsteuerabzug ansetzen. Die Kleinunternehmerregelung gilt bis zu einem Umsatz von 17.500 Euro im Jahr.
Pauschaler Abzug der Vorsteuer ist für einige Berufsgruppen möglich
Einige Berufsgruppen dürfen die Vorsteuer pauschal abziehen, das heißt ohne Nachweis einer vorher gezahlten Umsatzsteuer. Diese Regelung gilt für alle die Unternehmen, die die Einnahmen-Überschuss-Rechnung anwenden, deren Umsatz im Vorjahr weniger als 61.356 Euro betrug oder die einer bestimmten Berufsgruppe angehören wie Journalisten oder Taxiunternehmern. Für diese Berufsgruppen gelten im Unterschied zu allen anderen Unternehmern pauschale Sätze des Nettoumsatzes, die sie ohne einen Nachweis der Vorsteuer ansetzen können. Geregelt ist dieser Passus in der Umsatzsteuer-Durchführungsverordnung (UstDV), Paragrafen 69 und 70.
Wann ist das Berechnen der Vorsteuer nicht erlaubt?
Vorsteuer berechnen können Unternehmen immer dann, wenn es sich um Waren oder Dienstleistungen handelt, die unmittelbar mit dem eigenen Geschäftszweck zu tun haben. So ist beim Kauf eines Regals für den Verkaufsraum erlaubt, die Vorsteuer dem Finanzamt gegenüber anzusetzen. Soll das Regal jedoch für den eigenen Wohnbereich genutzt werden, darf die Vorsteuer nicht angesetzt werden, weil die Nutzung des Regals ausschließlich privater Natur ist. Kleinunternehmer, die ja bekanntlich keine Mehrwertsteuer auf ihre Leistungen berechnen, dürfen ebenfalls keine Vorsteuer dem Finanzamt gegenüber berechnen. Das Finanzamt schaut auch hier sehr genau hin, sodass es besser ist, seine Abrechnungen gewissenhaft zu erledigen oder bei mangelnder Zeit besser einen Buchhalter oder Steuerberater zu beauftragen.
Wesentlich leichter: Buchhaltungsprogramme zum Vorsteuer berechnen
Für alle, die ihre Vorsteuer- und Umsatzsteuermeldungen lieber selbst an das Finanzamt geben: Im Handel sind eine Fülle guter Programme erhältlich, die es Unternehmen ermöglichen, auch mit wenigen buchhalterischen Kenntnissen die notwendigen Meldungen zu erstellen. Günstige Kosten und ein leichtes Handling machen die Programme vor allem für Gründer und Start-ups interessant.
Weitere Ausnahmen
Neben den bereits genannten Ausnahmen, eine Vorsteuer berechnen zu dürfen, gibt es weitere Situationen, in denen keine Vorsteuer berechnet wird oder werden darf. Normalerweise spielt der Zeitpunkt der Bezahlung keine Rolle für die Vorsteuer. Eine Ausnahme bildet die Anzahlung, beispielsweise wenn für Bauleistungen am Fabrikgebäude eine Anzahlung gewünscht wird. Die Vorsteuer kann erst dann angesetzt werden, wenn die Rechnung für die Bauleistung erstellt wurde. Wer anstelle 19 Prozent fälschlicherweise den ermäßigten Steuersatz von 7 Prozent auf der Rechnung stehen hat, muss stets den geltenden Steuersatz zahlen. Dies gilt auch für die Vorsteuer. Deutsche Unternehmen, die im Ausland Umsatzsteuer für Waren oder Dienstleistungen zahlen, können sich diese von dem zuständigen ausländischen Finanzamt erstatten lassen. Der Antrag dafür ist bis zum 30.09. des Folgejahres beim Bundesamt für Steuern zu stellen. Die Antragstellung muss auf elektronischem Weg erfolgen.
Fazit
Wer als Gründer oder Start-up die geltenden Bestimmungen und Fristen für das Vorsteuer berechnen kennt und beachtet, hat mit dieser Steuerart ein gutes finanzielles Mittel zur Hand, um seine Aufwendungen für Betriebsmittel, Betriebsstoffe oder Büroausstattungen um die Umsatzsteuer zu verringern. Der Gesetzgeber gibt Unternehmen damit ein ausgezeichnetes Instrument zur Minimierung des finanziellen Aufwandes an die Hand. Wer die Fristen beachtet, am besten ein geeignetes elektronisches Programm für die Anmeldung der Vorsteuer nutzt oder einen Buchhalter oder Steuerberater damit beauftragt, kann seine fixen Kosten deutlich senken und damit wirtschaftlicher kalkulieren.