Welchen Einfluss hätte ein bedingungsloses Einkommen auf den derzeitigen Stellenmarkt?
Die aktuelle Diskussion um das bedingungslose Grundeinkommen spaltet zurzeit die Gemüter. Was würde die Einführung eines Grundeinkommens von beispielsweise 2.500 € in unserer Gesellschaft verändern? Würde ein Großteil aufhören zu arbeiten? Wahrscheinlich nein. Viele von uns streben nach mehr als nur einer Existenzsicherung. Es ist daher nicht zu erwarten, dass die meisten von uns aufhören zu arbeiten, sobald das Grundeinkommen auf diesem Niveau eingeführt würde. Für die meisten Menschen ist Arbeit mehr als nur der Verdienst des Lebensunterhalts.
Theorie vs. Praxis
Der Autor Reinhard K. Sprenger hat sich in seinem Buch „Motivation der Mythen – Wege aus einer Sackgasse“ mit dem Thema Motivationsspritzen durch Prämien, Urlaube und Co. beschäftigt und argumentiert gegen die übliche Theorie, dass diese Motivatoren Mitarbeiter zu Höchstleistungen antreiben. Laut Sprenger liegt die wahre Motivation von Mitarbeitern darin, ihnen Freiräume zu lassen. Sein Motto lautet dabei „Fördern statt Verführen“. Doch auch diese Theorie ist umstritten. Dabei liegt das eigentliche Problem tiefer und ist primär kulturell bedingt. Menschen tendieren ohne finanzielle Anreize dazu, faul zu werden. Wer heute nicht motiviert ist, erbringt auch keine gute Arbeitsleistung. Sollten wir dies nicht ein bisschen ändern und es den Menschen erleichtern, ihre eigene Bedeutung durch Bildung und die Möglichkeit der Selbstbildung zu suchen, anstatt ihre Unzufriedenheit mit den ständig wachsenden finanziellen Schwierigkeiten zu steigern? Das Grundeinkommen ermöglicht es Ihnen, sich an Aktivitäten zu beteiligen, die dem Lebensgefühl entsprechen.
Der Status Quo und die derzeit wichtigsten Qualifikationen
Seit Beginn der industriellen Revolution ist die Produktivität stetig gestiegen. Dies führte einerseits zu einer Steigerung der Effizienz der Wirtschaft und zu einer Erhöhung des Lebensstandards der Bevölkerung. Andererseits macht Produktivitätswachstum in Ländern mit gesättigten Märkten die Arbeit überflüssig. Dennoch gibt es aktuell am Stellenmarkt noch so einige Branchen, die händeringend nach Fachkräften suchen. Eine Infografik hierzu findet man auf https://www.kredite.org/infografik-stellenmarkt-gefragteste-qualifikationen/.
Dennoch, viele Arbeitsplätze werden in hochproduktiven Gesellschaften mit der Aussicht rationalisiert, auf lange Sicht ein Grundeinkommen für alle Menschen zu schaffen. Wie realistisch dies im Endeffekt ist, unterscheidet sich auch von Branche zu Branche.
Was ist bedingungsloses Grundeinkommen?
Ein universelles soziales Menschenrecht, stellt das Grundeinkommen dar, das von der politischen Gemeinschaft garantiert wird.
Es besteht aus vier Hauptelementen:
- Existenzsicherung und Partizipation
- Für alle Menschen
- Keine Überprüfung
- Kein Zwang zur Arbeit oder anderen Leistungen
Warum brauchen wir ein bedingungsloses Grundeinkommen?
Dank des technischen Fortschritts können wir jetzt alle notwendigen Waren und Dienstleistungen produzieren. Armut in der westlichen Welt ist ein Anachronismus angesichts des beispiellosen heutigen Reichtums. Aus ethischen, sozialen und humanistischen Gründen ist es unerlässlich, dass das gesamte heute verfügbare wirtschaftliche Vermögen für eine qualitativ veränderte, globale Wohlstandspolitik (für alle) genutzt wird. Die Freiheit jedes Menschen, sich um sein Leben zu kümmern, wird durch das Grundeinkommen erhöht. Zuvor unbezahlte Aktivitäten werden finanziell abgesichert. Unternehmen profitieren auch: Ihre Mitarbeiter sind besser motiviert, im Interesse ihres Unternehmens zu agieren, weil sie viel freier entscheiden können, ob sie diese bestimmte Arbeit erledigen möchten. Unternehmensneugründungen können riskanter sein, da sie Existenz und Partizipation schützen. Das Haupteinkommen kann Konjunkturschwankungen abfedern, weil es die Kaufkraft stabilisiert.
Weitere Gründe für ein bedingungsloses Grundeinkommen
Auch praktische Gründe sprechen für das Haupteinkommen. Bislang haben die Sozialversicherungssysteme die Beiträge derjenigen, die Beiträge zum Sozialversicherungssystem leisten, weitgehend finanziert. Vor einigen Jahren hatten nur diejenigen, die regelmäßig Sozialbeiträge aus ihren Verdiensten entrichteten und vor allem dies ständig getan hatten, Anspruch auf eine angemessene soziale Sicherheit. Unter den Bedingungen von Hartz IV ist heute sogar die materielle Existenz nicht ausreichend gewährleistet. In Zeiten von schlecht bezahlter Arbeit, befristeter Arbeit oder befristeten Arbeitsverträgen, (gefälschter) Selbstständigkeit und anderen nicht standardmäßigen Formen der „neuen Arbeit“ muss das Sozialsystem aktualisiert werden. Die soziale Sicherheit für alle muss wiederhergestellt werden. Das zu versteuernde Haupteinkommen ist der Weg dorthin.
Kriterien des Grundeinkommens
Es muss die Existenz sichern, die Teilnahme am öffentlichen Leben sicherstellen und bezahlt werden, ohne die Mittel und den Zwang zur Arbeit oder andere Überlegungen zu prüfen. Es ist eine individuelle Angelegenheit.
Heutzutage warten viele soziale Probleme auf eine Lösung (zum Beispiel Klimawandel, Bildung und Zukunftsperspektiven). Das Grundeinkommen gibt nur für einige eine Antwort: Massenarbeitslosigkeit und Perspektivlosigkeit, Veränderungen in der Arbeitswelt (höherer Wert des Wissens und sozialer und persönlicher Fähigkeiten und Kompetenzen bei der Arbeit, Unsicherheit), der Wunsch der Menschen nach Selbstbestimmung und die Verwirklichung eines solidarischen Lebens. Hier kann das Haupteinkommen viel Positives bringen. Viele andere Probleme können mit einem Grundeinkommen auf neue Weise gelöst werden.
Widerspricht das Grundeinkommen nicht dem Grundsatz des gerechten Ergebnisses? Sollte nicht jeder, der etwas von der Gesellschaft bekommt, etwas dafür tun?
Die Sicherung der Existenz und des Anspruchs jeder Person auf Teilnahme am öffentlichen Leben sind Grundrechte. Grundrechte bestehen, ob Menschen etwas „tun“ oder nicht. Es hat nichts mit Gegenleistung zu tun. Die Aufhebung dieser Idee bedeutet, dass nach jeder Definition die Existenz und Beteiligung von Menschen nur in einer Gesellschaft zulässig ist, die die Kriterien des Nutzens oder der Effizienz erfüllt. Wenn eine Person dies nicht tut, wird ihr das Recht auf Existenz und Teilnahme verwehrt.
In einer Gesellschaft, die Waren und Infrastruktur mit noch niedrigeren Produktionskosten bereitstellen kann, ist dieses Menschenrecht finanziell gesichert.
Ist das Haupteinkommen eine Belohnung für eine Leistung?
Das Grundeinkommen ist keine Belohnung für etwas. Es bildet die wirtschaftliche Basis für jeden Menschen, für Unabhängigkeit und gesellschaftlicher Teilhabe. Jeder, der unabhängig, nach eigenem Ermessen und unter seiner Verantwortung teilnehmen kann, ist hoch motiviert, kreativ und voller Bedeutung – sei es in bezahlter Arbeit, bürgerschaftlichem Engagement, ehrenamtlicher Arbeit, im privaten Bereich (z. B. Bildung oder Pflege) oder bei nicht-materiellen Aktivitäten (z. B. Bildung).
Widerspricht das Grundeinkommen objektiv festgelegten Leistungsstandards?
Was als Leistung betrachtet wird, unterliegt historischen Veränderungen, die sich ständig ändern. Die Leistungsbewertung ist ideologisch und politisch motiviert. Daraus folgt, dass die Leistung nicht objektiv bestimmt wird. Im Altertum beispielsweise wurde die Arbeit als Sklavenarbeit gering geschätzt, während Freizeit und Bildung sehr hoch geschätzt waren. Darüber hinaus wurden Freizeit und religiöse Aktivitäten vor der Reformation weit mehr als Arbeit anerkannt und legten auch einen höheren Status und eine höhere materielle Sicherheit fest.
Fazit
Die Diskussion und der gesellschaftliche Diskurs, den die Frage zum bedingungslosen Grundeinkommen ausgelöst hat, eröffnet den Raum den aktuellen Status Quo zu hinterfragen und zu untersuchen, ob das aktuelle System den Anforderungen der Gegenwart und Zukunft noch gewachsen ist. Eine Anpassung wird früher oder später nötig sein. Ob das Prinzip des bedingungslosen Grundeinkommens die Lösung ist, bleibt abzuwarten.